Herbstkonjunkturanalyse: Ostsächsische Handwerksbetriebe haben Zukunftssorgen

Firmen blicken pessimistisch nach vorn – Fachkräfte aus dem Ausland rücken für Unternehmen immer stärker in den Fokus

Das derzeitige Stimmungsbarometer schlägt auf die Geschäftslage durch. Angesichts der lahmenden Konjunktur, den weiterhin hohen Energiepreisen, der anhaltenden hoher Inflation sowie dem sich immer mehr verschärfenden Fachkräftemangel blicken die Firmen äußerst pessimistisch nach vorn. Das zeigt die aktuelle Herbstkonjunkturumfrage der Handwerkskammer Dresden[1]. Der Geschäftsklimaindex steht nun bei 101 Punkten, was im Vergleich zum Frühjahr einen Verlust von 11 Punkten bedeutet.

Vor allem die pessimistischen Geschäftserwartungen der Unternehmen drücken auf die Stimmung. Jedes vierte Unternehmen erwartet in Zukunft schlechtere Geschäfte. Im Baugewerbe prognostizieren 45 Prozent der Handwerksunternehmen sinkende Umsätze in den kommenden Monaten. Ein weiteres Warnzeichen: Ein Drittel der Betriebe im Ausbauhandwerk berichtet bereits heute von sinkenden Auftragseingängen.

„Die Handwerksbetriebe stehen vor vielfältigen Herausforderungen und die Märkte sind von einer großen Unsicherheit dominiert. Entschiedeneres politisches Handeln ist gefordert, entschlossen und schnell“, betont daher der Präsident der Handwerkskammer Dresden, Jörg Dittrich. „Passiert dies nicht, steuert das Baugewerbe in eine massive Krise und es droht ein Personal- und Kapazitätsabbau, der sich nicht wieder umkehren lässt.“

Dabei plagen die Unternehmen bereits heute Sorgen. „Trotz der getrübten Geschäftserwartungen und der pessimistischen Konjunkturaussichten bleibt der Mangel an Fachkräften das bestimmende Thema in vielen Handwerksbetrieben. Denn viele Stellen im Handwerk sind unbesetzt“, hebt der Präsident der Handwerkskammer Dresden deutlich hervor.

Fachkräfte aus dem Ausland

Neben der Ausschöpfung der inländischen Arbeitskraft-Potentiale und weiteren Rationalisierungen kann die Zuwanderung von Fachkräften einen Beitrag zum Schließen der Lücken bei offenen Stellen leisten. D. h. auch, dass die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte für Handwerksbetriebe an Bedeutung gewinnen wird.

Die Zahl der ausländischen Beschäftigten in Sachsen hat sich seit 2015 fast verdreifacht. Nach Angaben des statistischen Landesamtes verfügen rund 118.00 Beschäftigte über eine ausländische Staatsangehörigkeit, das sind 7,2 Prozent aller Beschäftigten. Von den knapp 5.800 Auszubildenden im Handwerk im Kammerbezirk Dresden besitzen rund 3,5 Prozent keine deutsche Staatsbürgerschaft.

Von den 16.600 Handwerksunternehmen im Kammerbezirk Dresden, die von Einzelunternehmern geführt werden, werden 1.349 von Frauen oder Männer mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit geleitet. Das entspricht einem Gesamt-Anteil von 8,1 Prozent. Das Gros dieser Gewerbetreibenden hat die polnische bzw. die rumänische Staatsbürgerschaft. Häufig sind die ausländischen Handwerksunternehmer Inhaber im Bau- und Ausbaugewerbe, bspw. als Fliesenleger, Eisenflechter oder Holz- und Bautenschützer tätig. Aber auch im Bereich des Gesundheits- und Körperpflegehandwerks – also etwa als Friseure und Kosmetiker – sowie im Reinigungsgewerbe ist der Anteil von Firmeninhabern mit ausländischer Staatsangehörigkeit signifikant.

Aus insgesamt 64 Nationen stammen die Gewerbetreibenden im ostsächsischen Handwerk heute.

Grundvoraussetzungen für die Firmen in Bezug auf die Anstellung von Migranten sind ein gesicherter Aufenthaltsstatus der Frauen und Männer sowie ausreichende Deutschkenntnisse, um im Job bestehen zu können. „Das Handwerk steht bereit, aber die Voraussetzungen müssen geschaffen werden“, betont Jörg Dittrich. „Handwerksunternehmen, die Fachkräfte aus dem Ausland holen wollen, müssen finanziell gefördert werden“, so der Präsident der Handwerkskammer Dresden.
Beim Thema Fluchtmigration fordert Dittrich: „Wir brauchen einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt. Das Handwerk ist für neue Konzepte der Integration offen.“

Ergebnisse der Herbstkonjunkturanalyse 2023 [2]

Während 44 Prozent der Betriebe ihre derzeitige Geschäftslage als gut bewerten, blicken die Firmen sorgenvoll in die Zukunft. Für das kommende Quartal erwarten 27 Prozent der Unternehmen eine sich verschlechternde Lage.

Ein Viertel aller Handwerksunternehmen berichtet bereits heute von sinkenden Umsätzen, im Baugewerbe ist ein Drittel. 45 Prozent der Handwerksunternehmen im Baugewerbe erwarten in Zukunft sinkende Umsätze.

Der momentane mittlere Auftragsbestand fällt von elf Wochen im Herbst 2022 auf zehn Wochen. Mehr als jeder vierte Unternehmen (27 Prozent) gibt an derzeit unterdurchschnittlich gefüllte Auftragsbücher zu haben.

Mehr als die Hälfte der Betriebe (55 Prozent) berichtet von gestiegenen Einkaufspreisen. Dies schlägt sich auch auf die Verkaufspreise nieder. 31 Prozent der Befragten haben ihre Preise erhöht.

Den Rückmeldungen zu Folge sind die Unternehmen zurückhaltender bei ihren Investitionen. 41 Prozent der Firmen gaben an weniger in Maschinen, Technik und Gebäude investiert zu haben.

Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden, interpretiert die Ergebnisse der Umfrage als besorgniserregend: „Das ostsächsische Handwerk wartet darauf, dass durch die Politik angekündigte Entlastungen in der Praxis ankommen. Gerade den Absichtserklärungen des 14-Punkte-Planes zum Bau müssen Taten folgen und diese benötigen Tempo in der Umsetzung, um einen großen Kollaps der Baubranche im kommenden Jahr zu verhindern.“ Die dramatisch sinkenden Bewilligungen für Baufinanzierungen seien ein Alarmzeichen, so der Hauptgeschäftsführer.

Brzezinski: „Keiner kann sich einen Zusammenbruch der Baubranche leisten. Wichtig ist eine an die Zinssteigerungen angepasste und stabile Förderkulisse, die gezielte Unterstützung der Eigentumsbildung, bessere Abschreibungsmöglichkeiten, Kostenreduzierung durch Abkehr von überschießenden Standards und eine konsequente Beschleunigung von Planungs- und Bauprozessen.“

Konjunkturdaten ansehen


[1] Zum Kammerbezirk Dresden gehören die Landkreise Meißen, Bautzen, Görlitz, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie die Landeshauptstadt Dresden.

[2] Für die aktuelle Konjunkturanalyse befragte die Handwerkskammer Dresden im April ihre Mitgliedsbetriebe im Kammerbezirk Dresden. Dieser umfasst die Landeshauptstadt Dresden sowie die Landkreise Bautzen, Görlitz, Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Von den rund 21.000 Handwerksbetrieben wurden 3.010 Firmen befragt. Die Rücklaufquote der Befragung betrug dabei 15 Prozent. Die Grafiken zum Konjunkturbericht stehen unter

www.hwk-dresden.de/konjunktur zum Download zur Verfügung.

 

Fakten zur Handwerkskammer Dresden und zum Handwerk:

21.000 Handwerksbetriebe mit etwa 120.000 Beschäftigten und rund 5.600 Lehrlingen gibt es im Kammerbezirk Dresden. Zu diesem gehören die Landkreise Bautzen, Görlitz, Meißen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie die Landeshauptstadt Dresden. Allein in der Landeshauptstadt sind 5.061 Handwerksbetriebe ansässig