Schwache Konjunktur lässt Handwerk stagnieren – Dittrich: „Politik muss Wachstumsimpulse setzen.“

Neue Bürokratiestudie zeigt außerordentliche Belastungen auf: Fast ein Drittel der Arbeitszeit in Firmen dient Dokumentationen

Die Wirtschaft in der Region kommt weiterhin nicht in Fahrt. Die Geschäftslage der Handwerksunternehmen bleibt nahezu unverändert, der Aufschwung weiter aus und die konjunkturellen Sorgen trüben die Stimmung in den Betrieben nachhaltig. Das zeigt die aktuelle Konjunktur-Umfrage der Handwerkskammer Dresden für den Herbst.

„Es fehlen die Impulse, um die Konjunktur zu beleben“, sagt Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden. „Die Energiepreise sind zu hoch, die ohnehin schon hohen Lohnnebenkosten steigen weiter, die Bürokratie belastet die Handwerksfirmen enorm. Der allgegenwärtige Fachkräftemangel und der Konsumzurückhaltung der Kunden verschärfen die Lage zusätzlich.“

Aus Sicht des Handwerks sind Weichenstellungen notwendig. Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden betont: „Die Politik im Bund und im Freistaat ist gefordert. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Handwerksfirmen zu steigern, sind zügig grundlegende strukturelle Reformen und Weichenstellungen notwendig. Es geht darum, dass Handwerkerleistungen bezahlbar bleiben für die Konsumenten. Deren Nachfrage muss stimuliert werden. Derzeit fehlt es jedoch an einer klaren Agenda, um die Konjunktur anzukurbeln. Stattdessen herrscht Stillstand auf politischer Ebene.“

Der Geschäftsklimaindex im ostsächsischen Handwerk steht aktuell bei 104 Punkten. Das entspricht dem Wert des Frühjahres. Gegenüber dem Wert von vor einem Jahr legte der Geschäftsklimaindex um drei Punkte zu. Zum Vergleich: 2019 – also vor fünf Jahren – stand der Index noch bei 130 Punkten.

„Seitdem ist die Stimmung im ostsächsischen Handwerk merklich gesunken“, sagt Andreas Brzezinski. „Die Verunsicherung und der Pessimismus haben viele Firmen ergriffen. Die Unternehmen schieben Investitionsvorhaben auf. Zudem schnürt die überbordende Bürokratie die Firmen ab.“

Der Abbau von bürokratischen Belastungen ist für die Betriebe daher weiterhin von größter Bedeutung. Im Vorergebnis einer Datenanalyse für eine Studie zu den Kosten der Bürokratie im Metallbau-Handwerk werden nun erstmals detailliert 102 bürokratische Pflichten aufgeführt, die Metallbaufirmen zu erfüllen haben, die zwischen fünf und 15 Mitarbeitern beschäftigen. Die Auflistung ist ein Vorgriff auf konkrete Handlungsempfehlungen für den Bürokratieabbau, die nach Abschluss der Studie vorliegen werden. „Schon jetzt können wir aber sagen, dass 102 Regelungen definitiv zu viel sind“, betont Jörg Dittrich. „Notwendig sind strukturelle Reformen sowohl im Bund als auch im Freistaat, kein Klein-Klein und Weiter-So. Die Unternehmen brauchen mehr Freiheit, anstatt Bürokratie, die sie weiter einengt. Der Abbau der Bürokratie muss auch in Sachsen Chefsache werden. “

Studie zu den Kosten der Bürokratie im Metall-Handwerk

Erstellt wird die Studie an der Fachhochschule des Mittelstandes Bielefeld1. Erste Vorergebnisse liegen inzwischen vor.

Die Umfrageergebnisse basieren auf den Rückmeldedaten von acht Metallbauunternehmen im Kammerbezirk der Handwerkskammer Dresden. Befragt wurden insbesondere Firmen, die zwischen fünf und 15 Mitarbeitern haben.

Mit insgesamt rund 750 Metallbaubetrieben bildet diese Branche eine der größten Betriebsgruppen im Elektro- und Metallhandwerk in Ostsachsen.

Ziel ist es, den finanziellen und organisatorischen Aufwand der Bürokratielast auf Handwerksunternehmen in Ostsachsen zu ermitteln und vor allem auch konkret zu beziffern.

102 bürokratische Pflichten hat jedes Metallbau-Unternehmen

Diese lassen sich unterteilen in:

  • Pflichten als Arbeitgeber (80 Vorschriften)
    • Hierzu zählen z. B. Arbeits- und Steuerpflichten, Sozialversicherungs- und Beschäftigungsdokumentationspflichten sowie Sicherheits- und Gesundheitsmanagement am Arbeitsplatz
       
  • Pflichten als Unternehmer (15 Vorschriften)
    • Dazu zählen Gewerbe-, Statistik- und Datenschutzpflichten
       sowie Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten

       
  • Pflichten als Metallhandwerker (7 Vorschriften)
    • Darunter verstehen sich branchenspezifische Pflichten als Arbeitgeber eines Metallbauunternehmens

Zur Erfüllung der bürokratischen Pflichten müssen insgesamt 596 Arbeitsstunden pro Jahr aufgewendet werden. Umgerechnet in Arbeitstage ergibt das jährlich 75 Arbeitstage. Das entspricht bei einer 5-Tage-Woche rund
30 Prozent der Arbeitszeit.

Laut den Umfrageergebnissen liegen die Zusatzkosten durch die Bürokratie bei rund 22.000 Euro pro Jahr und Unternehmen.

Ergebnisse der Herbstkonjunkturanalyse 20242

45 Prozent der Handwerksfirmen bezeichnen ihre momentane Geschäftslage als gut, 16 Prozent als schlecht. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Werte minimal geändert. Lediglich acht Prozent der befragten Handwerksfirmen erwartet eine Verbesserung der momentanen Situation, während knapp ein Viertel eine Verschlechterung für sich prognostiziert.

Die Investitionsbereitschaft der Betriebe bleibt sehr gering, geht in Teilen zurück. Im vergangenen Jahr haben 42 Prozent der Unternehmen Investitionen getätigt. In erster Linie wurden Ersatzinvestitionen vorgenommen.

Beim Blick auf die Beschäftigtenzahlen herrscht Stagnation vor und ist der Blick der Firmen in die Zukunft eher pessimistisch. Elf Prozent der Handwerksfirmen im Kammerbezirk Dresden haben ihre Belegschaft in jüngster Zeit vergrößert, während sie bei 15 Prozent geschrumpft ist. Fünf Prozent der Befragten erwarten in naher Zukunft steigende Mitarbeiterzahlen in ihren Unternehmen, während 13 Prozent ein Schrumpfen vorhersehen.

22 Prozent der Handwerksunternehmen berichten von sinkenden Umsätzen, nur 16 Prozent von steigenden. Nach Einschätzung der Firmen ist eine Umkehrung des Trends nicht erkennbar. 28 Prozent aller Handwerksfirmen im Kammerbezirk Dresden erwarten im nächsten Quartal sinkende Umsätze.

Fast jeder dritte Handwerksbetrieb spricht von sinkenden Auftragseingängen. Auch ihren aktuellen Auftragsbestand bewertet ein Viertel der Unternehmen (26 Prozent) als unterdurchschnittlich für die Jahreszeit. Die mittlere Auftragsreichweite liegt bei zehn Wochen, womit seit dem vergangenen Herbst an dieser Stelle keine Änderungen eingetreten sind. Das Auftragsniveau verharrt damit auf relativ hohem Niveau.

Für das vergangene Quartal melden 45 Prozent der Unternehmen steigende Einkaufspreise. Vor einem Jahr hatten noch 55 Prozent der Betriebe steigende Einkaufspreise gemeldet, im Herbst 2022 waren es 92 Prozent. Preissteigerungen im Einkauf bleiben also ein verbreitetes Phänomen. Für das nächste Quartal planen 35 Prozent der Betriebe die Erhöhung ihrer Verkaufspreise.

Sorgenkind Bau-Handwerk

Das aktuell schlechteste Geschäftsklima mit 94 Punkten verzeichnet, wie schon in den vorherigen Umfragen, das Bauhandwerk. Zwei Prozent der befragten Bauunternehmen erwarten sich verbessernde Geschäftslagen in den kommenden Monaten. Jeder dritte Baubetrieb prognostiziert schlechtere Geschäfte für sich. Ein Viertel der Unternehmen im Bauhandwerk bilanziert sinkende Umsätze. 36 Prozent der Baufirmen gehen von weiteren Umsatzrückgängen aus.

 


1 Für die Konjunkturanalyse wurden vom 30. August bis zum 30. September 3.010 Betriebe befragt. Die Rücklaufquote der Befragung betrug rund 22 Prozent. Damit sind Umfrageergebnisse repräsentativ. Der komplette Konjunkturbericht steht unter www.hwk-dresden.de/konjunktur

2 Die wissenschaftliche Studie folgt einer mehrstufigen Methodik mit dem Ziel, ein sogenanntes KMU-Indikatorunternehmen zu erstellen. Der Umfrage werden noch zwei Präsenz-Workshops folgen mit ausgewählten Handwerksbetrieben.