Validierung von langjähriger Berufserfahrung

Neue gesetzliche Regelung für Angelernte und Quereinsteiger

Menschen ohne passenden Berufsabschluss haben es in der Arbeitswelt nicht immer leicht. Ihnen fehlt ein anerkannter Nachweis über ihr fachliches Know-How und über das, was sie können.

Die jahrelange Berufserfahrung von Handwerkerinnen und Handwerkern ohne Berufsabschluss kann nun auf Antrag in einem geregelten Verfahren am Maßstab eines Ausbildungsberufs bewertet werden. Damit eröffnen sich neue Wege zur Einmündung in das Berufsbildungssystem und zur beruflichen Entwicklung. Neue Fachkräftepotenziale für das Handwerk können erschlossen und Beschäftigte im Handwerk in ihrer beruflichen Entwicklung unterstützt werden.

Vereinbaren Sie gern einen Termin für eine erste Beratung!

Das Feststellungsverfahren wird in allen dualen Ausbildungsberufen angeboten, deren Zuständigkeit bei der Handwerkskammer Dresden liegt.

Für Fortbildungsabschlüsse wie die Meisterqualifikation gibt es keine Berufsvalidierung.

  • Mindestalter 25 Jahre
  • Nachweis von Berufserfahrung, welche das 1,5-fache der regulären Ausbildungszeit für diesen Beruf umfasst
  • Glaubhaftmachung von beruflicher Handlungsfähigkeit, welche das Berufsbild vollständig oder zumindest überwiegend umfasst
  • Wohnsitz in Deutschland oder die Hälfte der notwendigen Berufserfahrung in Deutschland erworben

Hinweis: Handwerkerinnen und Handwerker müssen im Betrieb breit und umfassend eingesetzt worden sein. Zugang zu dem Verfahren hat nur, wer im jeweiligen Beruf mindestens überwiegende Teile des Berufsbildes praktisch ausgeübt hat. Reine Aushilfstätigkeiten in begrenztem Umfang eröffnen keinen Zugang zum Verfahren.

Das Verfahren erfolgt in vier Schritten.

  1. Information und Beratung
    Die interessierte Person erhält erste Informationen zum Verfahren und zu den Dokumenten, die für die Antragsstellung benötigt werden. Außerdem kann der passende Referenzberuf identifiziert werden. Der Referenzberuf ist ein dualer Ausbildungsberuf.
  2. Antragstellung
    Die interessierte Person dokumentiert die beruflichen Fähigkeiten entlang des eigenen Lebenslaufs. Für die Antragsstellung werden die Angaben durch Arbeitszeugnisse, Arbeitsnachweise oder Zertifikate belegt. Die Handwerkskammer Dresden prüft den eingereichten Antrag und wertet die eingereichten Dokumente und Nachweise aus.
  3. Bewertung
    Ein Feststellungstandem, das aus zwei Prüfer/-innen besteht, stellt insbesondere mit praktischen und mündlichen Aufgaben die berufliche Handlungsfähigkeit im Gesamten oder in überwiegenden Teilen des Berufsbildes fest.
  4. Ergebnismitteilung
    Abhängig vom Ergebnis des Verfahrens stellt die Handwerkskammer ein Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf oder einen Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit im Referenzberuf aus. Wenn keine überwiegende berufliche Handlungsfähigkeit festgestellt werden, wird der Antrag abgelehnt.

Zulassung: 95 bis 130 Euro
Validierungsgebühr: 800 bis 2.100 Euro
Sachkosten: gemäß Aufwand

Die Kosten tragen die Teilnehmenden, sofern sie nicht durch Dritte übernommen werden. Spezifische Förderprogramme des Bundes oder der Länder existieren derzeit nicht.

Die gesamte Dauer hängt unter anderem von den individuellen Voraussetzungen, vom Umfang des Antrages und von dem jeweiligen Beruf ab.

Die reine Bewertung kann, je nach Beruf und Umfang der zu bewertenden beruflichen Handlungsfähigkeit, zwischen einem und mehreren Tagen dauern.

Das Feststellungsverfahren endet mit einem Zeugnis oder einem Bescheid. Folgende Ergebnisse sind möglich:

  • Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit
  • Bescheid über die überwiegende Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit
  • Ablehnung des Antrages, wenn nicht mindestens eine überwiegende Vergleichbarkeit festgestellt werden kann

Hinweis: Es wird kein Berufsabschluss vergeben. Diesen erhält nur, wer eine Gesellen- oder Abschlussprüfung erfolgreich ablegt.

Besondere Regelungen gelten für Menschen mit Behinderung.

  • Zulassung zur Gesellenprüfung als Externer
  • Zulassung zu Prüfungen der ersten Fortbildungsstufe (z. B. geprüfter Berufsspezialist)
  • Zulassung zur Meisterprüfung in zulassungsfreien Handwerken
  • Zulassung zur Meisterprüfung im zulassungspflichtigen Handwerk nur mit einem weiteren Jahr einschlägiger Berufserfahrung
  • Ausbildungsberechtigung in zulassungsfreien Handwerken, wenn zusätzlich die berufs- und arbeitspädagogische Eignung (AEVO-Prüfung) nachgewiesen wird

Hinweis: Auch ohne Berufsvalidierung besteht in bestimmten Fällen die Möglichkeit einer Zulassung zur Gesellenprüfung als Externer oder zur Meisterprüfung. Lassen Sie sich dazu gern von uns beraten.

Darüber hinaus kann das Validierungsergebnis unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt genutzt werden. Allerdings sind durch das Validierungsgesetz (BVaDiG) keine Lohnansprüche geregelt worden. Die Berücksichtigung eines Validierungsergebnisses bei der Lohnfindung ist Sache der Tarifpartner bzw. der Betriebe im Rahmen ihrer Vertragsgestaltungsfreiheit.

Über eine Berufsvalidierung erhält man keinen Gesellen- oder Facharbeiterbrief.

Die Vorschriften über die Eintragung in die Handwerksrolle (selbstständige Ausübung eines zulassungspflichtigen Handwerks) werden durch die Berufsvalidierung nicht berührt. Mit dem Validierungszeugnis kann man deshalb auch keine Ausnahmeregelung beantragen.

Bei dem Ergebnis einer nur überwiegenden Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit kann innerhalb von 5 Jahren nach Bekanntgabe des Ergebnisses ein Antrag auf Ergänzungsverfahren gestellt werden. Das Ziel ist das Erreichen der vollständigen Vergleichbarkeit. Ein Ergänzungsverfahren kann nur einmal durchgeführt werden. Im Ergänzungsverfahren werden nur die Bereiche bewertet, für die zuvor keine vollständig vergleichbare Handlungsfähigkeit festgestellt wurde.

Bei ablehnendem Bescheid kann nach einer Frist von 12 Monaten erneut ein Antrag auf Berufsvalidierung gestellt werden. Dafür muss glaubhaft gemacht werden, dass neue oder zusätzliche berufliche Handlungsfähigkeit erworben wurde.

Für Menschen mit Behinderung nach §2 Absatz 1 Satz 1 SGB IX gelten zusätzliche Regelungen:

  • Es kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden, wenn sich die gesundheitliche Einschränkung auf die Kompetenzfeststellung auswirkt.
  • Es kann ein Antrag auf eine Verfahrensbegleitung gestellt werden.

Wenn aufgrund von Art und Schwere der Behinderung die Feststellung der überwiegenden oder vollständigen, für die Ausübung des Referenzberufs erforderlichen beruflichen Handlungsfähigkeit nicht möglich ist, gibt es eine zusätzliche Möglichkeit:

  • Es ist ein Antrag auf teilweise Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit möglich.
  • Die Altersgrenze von mindestens 25 Jahren für die Antragsstellung entfällt.
  • Der Bescheid kann auch über die teilweise Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit ausgestellt werden.

Der Bescheid über die teilweise Vergleichbarkeit kann zusätzlich auch eine überwiegende oder vollständige Vergleichbarkeit mit einer Referenzausbildungsregelung gem. §42r HwO ausweisen, sofern diese bundeseinheitlich geregelt ist.

FAQ

Nein

Ja. Das gesamte Verfahren wird auf Deutsch durchgeführt. Gute Sprachkenntnisse sowie das Beherrschen von Fachsprache und Fachbegriffen sind für die Teilnahme notwendig.

Nein. Die Teilnehmenden erhalten keinen Gesellen- oder Facharbeiterbrief. Das Ergebnis einer Berufsvalidierung ist das Zeugnis über die vollständige Vergleichbarkeit der beruflichen Handlungsfähigkeit mit einem Referenzberuf.

Nein. Derzeit gibt es kein spezifisches Förderprogramm.

Nein. Das berufliche Feststellungsverfahren ist ein personenbezogenes Verfahren und muss von jedem Teilnehmenden selbst beantragt werden.

Arbeitgeber können ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen, indem sie

  • Auf den Prozess der Berufsvalidierung aufmerksam machen und zur Teilnahme motivieren
  • bei der Antragstellung und/oder beim Erwerb von ggf. noch fehlenden beruflichen Kompetenzen unterstützen
  • für die Teilnahme an der Berufsvalidierung eine Freistellung gewähren